Fundamenta Real Estate AG

Wie steht es mit der
digitalen Transformation in der Immobilien­branche?

Wir leben in einer Ära, die geprägt ist durch rasanten techno­lo­gischen Fort­schritt. Die digitale Trans­formation hat zu einem tief­greifenden Wandel in Wirt­schaft und Gesell­schaft geführt, der auch vor der Immo­bilien­branche nicht halt­macht.

Die Immobilienbranche, lange als zurück­haltend geltend, erkennt zunehmend das Potenzial digitaler Lösungen, um Effizienz zu steigern, Kosten zu reduzieren und das Kunden­erlebnis zu verbessern. Dieser Bericht beleuchtet, wo die Digitali­sierung der Immo­bilien­wirtschaft steht und wohin sie sich ent­wickeln könnte.

Stand der Digitali­sierung in der Immo­bilien­branche

Digitalisierung kann als umfassender Wandel verstanden werden, der die Methoden, wie Infor­mationen erfasst, gespeichert, verarbeitet und genutzt werden, grund­legend revolutioniert. Im Wesent­lichen geht es bei der Digitali­sierung um die Trans­formation von traditioneller Information in ein digitales Format. Dieser Vorgang schafft zwei entscheidende Vorteile: Einer­seits können repetitive Aufgaben auto­matisiert werden und anderer­seits werden eine bessere Vergleich­barkeit und ein rascherer Zugang zu Daten ermöglicht, was unab­dingbar für effiziente Entscheidungs­prozesse ist.

Im Gegensatz zu anderen Branchen war der Druck, den Geschäfts­alltag zu digitalisieren, im Immo­bilien­bereich weniger gross, da eine Immobilie verhältnis­mässig wenig Daten generiert. Die Immobilie als Gut ist zudem sehr träge und der kurzfristige Hand­lungs­spiel­raum für Immo­bilien­akteure einge­schränkt.

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Wie die jüngste Digitali­sierungs­studie1 von ZIA/EY Real Estate vom September 2023 zeigt, befindet sich die Mehr­heit der Unter­nehmen in einer fort­geschrit­tenen Phase des Digitali­sierungs­prozesses. Immo­bilien­unter­nehmen sind bereit, für die Digitali­sierung Investi­tionen zu tätigen: Über ein Drittel der Unter­nehmen investiert gemäss der Studie bereits mehr als 5% des Jahres­umsatzes in die Digitali­sierung. Die Hälfte der Befragten plant, die Investi­tionen zu erhöhen.

Doch wo steht die Digitali­sierung in der Immo­bilien­branche konkret? Im Bereich der Ver­mark­ung von Immo­bilien ist sie bereits weit fort­geschritten. Die Online-Vermarktung ist all­gegen­wärtig und digitale Besichti­gungen sind längst keine Selten­heit mehr. Seit der Veröffent­lichung von ChatGPT ist auch das Generieren von Vermarktungs­texten via Chatbots Realität.

Nicht mehr weg­zudenken ist der Einsatz von digitalen Lösungen auch im Bereich des Property Managements und des Port­folio­manage­ments. Es gibt kaum eine Immobilien-Organisation, die keine digitale Lösung im Einsatz hat, obwohl die Arbeit mit Excel weiter­hin stark verbreitet ist. Es scheint jedoch ein Wandel statt­zufinden: Gemäss der ZIA/EY-Studie setzen 56% der Befragten den Invest­ment­fokus auf die interne Implemen­tierung digitaler Systeme.

Im Bereich ESG entstehen durch die steigenden Vor­gaben und Empfeh­lungen viele neue digitale Lösungen. Die Digitali­sierungs­studie bestätigt, dass dies ein Bedürfnis ist. Doch noch suchen viele Organisa­tionen nach der optimalen ESG-Lösung. Trotz fort­schreitender Digitali­sierung gibt es in der Aufberei­tung von ESG-Daten viele manuelle Schritte. Mit steigender Reporting-Komplexität durch verschiedene Standards und Bench­marks, wird eine umfas­sende Digitali­sierung unab­dingbar.

Heraus­forde­rungen bei der Adaption digitaler Lösungen

Trotz dem Wissen um die Not­wendig­keit und dem unbe­strit­tenen Nutzen, stossen die Umset­zung von Digitali­sierungs­strategien und die Einführung von digitalen Lösungen oft­mals auf Hinder­nisse.

Im Rahmen der in der ZIA/EY-Studie durch­geführten Umfrage wurde deutlich, dass nahezu die Hälfte der befragten Unter­nehmen die Akzeptanz von technolo­gischen Neue­rungen als Heraus­forderung betrachtet.  In solchen Situa­tionen sind eine effektive Führungs­rolle sowie ein profes­sionelles Change Manage­ment von entschei­dender Bedeutung gefragt.

Die Studie zeigt auch, dass intrans­parente Daten­strukturen und mangelnde Daten­qualität bei einer grossen Mehr­heit eine Schwierig­keit darstellen. Heute hat noch kaum eine Immo­bilien­organi­sation eine skalier­bare Daten­infra­struktur im Einsatz. Die einzelnen Systeme der historisch gewachsenen IT-Landschaft kom­muni­zieren nicht miteinander, und für ein einfaches Portfolio-Reporting müssen Daten aus verschiedenen Systemen manuell zusammen­getragen werden. Das ist nicht nur zeit­intensiv, sondern auch fehler­anfällig. Eine gute Daten­qualität ist länger­fristig jedoch zentral, um Prozesse zu auto­matisieren oder auf künst­licher Intelligenz basierende Anwen­dungen einzu­setzen. Im ESG-Bereich fordern Investoren und Regulierungs­behörden zunehmend die Erhebung und Veröffent­lichung von Nach­haltig­keits­daten. Dies unter­streicht die Bedeutung einer um­fassenden Digitali­sierungs- und Daten­strategie, um lang­fristig wett­bewerbs­fähig zu bleiben.

Wohin steuert die Digitali­sierung der Immo­bilien­branche?

Um in der sich dynamisch entwickelnden Immo­bilien­branche konkurrenz­fähig zu bleiben, wird der effiziente Umgang mit Daten für Immo­bilien­organisa­tionen immer bedeutender.  Dazu gehört der Aufbau einer skalier­baren Daten­infrastruktur, die strategisch alle rele­vanten Informa­tionen in einem sogenannten «Data Warehouse» sammelt und historisiert. Besonders wichtig ist dabei die Sicher­stellung der Daten­qualität, vor allem in Bereichen wie der ESG-Bericht­erstattung, wo die Genauigkeit und Zuver­lässigkeit der veröffent­lichten Kenn­zahlen zunehmend strenger geprüft wird.

Eine robuste Daten­infrastruktur ermöglicht nicht nur die Auto­matisierung von Daten- und Geschäfts­prozessen, sondern auch fundierte, daten­basierte Entsche­idungen. Zudem schafft sie die Voraus­setzungen für den Einsatz von KI-Systemen, die hoch­wertige Daten in grossen Mengen benötigen. Die Anwendung von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) sowie weiteren digitalen Tools bei der Besichti­gung, Vermietung und beim Verkauf von Immo­bilien wird voraus­sichtlich noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Die Rolle von Blockchain-Technologien in der Immo­bilien­branche bleibt abzu­warten. Trotz vorhan­dener Initiativen und Pilot­projekte zögert der Markt noch, diese Techno­logien umfassend zu adaptieren. Insbe­sondere im Bereich der Smart Contracts und Immo­bilien­trans­aktionen liegt jedoch erhebliches Potenzial.

In diesem Kontext gewinnt auch die Investition in die Weiter­bildung und Sensi­bili­sierung des Personals für den Umgang mit digitalen Systemen und Daten zunehmend an Bedeutung. Ein besonderer Fokus wird dabei auf der Entwicklung der Daten­kompetenz liegen, um ein effizientes, daten­gesteuertes Wirt­schaften in Unter­nehmen zu fördern. Trotz aller techno­logischen Fort­schritte wird der Mensch zumindest mittel­fristig weiter­hin eine zentrale Rolle spielen.

1  https://assets.ey.com/content/dam/ey-sites/ey-com/de_de/noindex/ey-real-estate-digitalisierungsstudie_2023.pdf

Dr. Massimo Mannino

Ökonom, Universitäten Zürich und Luzern

Massimo Mannino ist Mitbegründer und Partner der Firma Novalytica AG, einer führenden Anbieterin von Immobiliendaten und Data-Analytics-Dienstleistungen. Er ist verantwortlich für das Projekt­geschäft und leitet die Bereiche Immobilienportfolioreporting sowie ESG Data Management. Darüber hinaus doziert der promovierte Ökonom an den Universitäten Zürich und Luzern im Bereich Big Data und Machine Learning.

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