Verdichtung – es wird gemütlich
Eine Entwicklung nach innen birgt viele Möglichkeiten, ohne dabei auf Wohnqualität zu verzichten. Ein Beispiel einer Liegenschaft in Zürich zeigt Zeitgemässes auf sowie Ansätze, wie ein Umdenken stattfinden kann, um zukunftsfähig zu bleiben.
Es ist ein Fakt. In der Schweiz wird zwar immer dichter gebaut, doch gleichzeitig möchte jede und jeder immer mehr Wohnraum. Es gibt immer mehr Ein- und Zwei-Personen-Haushalte und weniger grosse Familien; somit steigt die Nachfrage nach kleineren Wohnungen und die Wohnfläche pro Kopf nimmt stetig zu. Bis zum Jahr 2050 rechnet das Bundesamt für Statistik je nach Szenario mit einem Bevölkerungszuwachs zwischen rund 0.8 und 2.6 Millionen Menschen. Dies bedingt einen sparsamen und überlegten Umgang mit dem verfügbaren Bauland. Das Zauberwort heisst «Verdichtung». Wir haben uns mit einem Experten des Asset Managers Fundamenta Group (Schweiz) zusammengesetzt, um zu erfahren, wie dies in der Praxis umgesetzt werden kann und was nächste Schritte sein könnten.
Ein aktuelles Thema
Wie alles im Leben, sind auch die Ansprüche an das Bauen einem stetigen Veränderungsprozess ausgesetzt. Wie uns der Experte versichert, ist die Thematik «Verdichtung» schon seit einigen Jahren aktuell. Mittels einer Volksabstimmung, die mit 63% Zustimmung auf breite positive Resonanz in der Bevölkerung traf, wurde 2013 das Raumplanungsgesetz revidiert. Dieses hatte zum Ziel, die Zersiedelung einzudämmen und die Verschwendung von Kultur-land einzuschränken.
Die Maxime lautete also: kompakteres Bauen auf derselben Fläche. Die Vorteile des dichten Bauens sind allgemein anerkannt, insbesondere im Hinblick auf die Erhaltung von Kulturland und die Vermeidung der Zersiedelung. Doch Fragen rund um die Dichte geben viel Diskussionsstoff. Offensichtlich ist, dass die Entwicklung nach innen die Möglichkeit eröffnet, das Wohnungsangebot dort zu erweitern, wo auch Arbeitsplätze und Dienstleistungen vorzufinden sind.
Ein Beispiel bringt Klarheit
Die Theorie ist klar. Doch wie sieht dies in der Praxis aus? Der Asset Manager veranschaulicht dies mit folgendem Beispiel: Im Dezember 2020 hat die Fundamenta Real Estate eine stark sanierungsbedürftige Bestandsliegenschaft aus dem Jahr 1948 am Feldblumenweg in Zürich mit drei Vollgeschossen und einem nicht genutzten Estrich erworben. In Bezug auf die Nutzungsdichte zeigte sich ein sehr unausgewogenes Verhältnis von Wohn- und Gewerbefläche mit 1 826m2 gegenüber einer Grundstücksfläche von knapp 3 100m2, was einem Verhältnis von 0.6 entspricht.
Die Antwort auf die Frage, wie die Rendite zu optimieren war – und gleichzeitig der Thematik Verdichtung gerecht zu werden – war schnell gefunden. Durch einen Ersatzneubau anstelle einer Sanierung konnte die Fläche optimaler und nachhaltiger genutzt werden.
Die Rechtsordnungen hatten sich seit der Erstellung des Bestandes weiterentwickelt und die Liegenschaft befindet sich heute in der sog. Wohnzone 4. Diese Zone lässt zu, dass nunmehr das 1.2-fache der Grundstücksfläche auf 4 Vollgeschosse sowie ein Attikageschoss verteilt werden darf. Mit diesen Parametern gelang es dem Asset Manager, von ehemals 24 auf 52 Wohneinheiten auszubauen und dadurch die nutzbare Fläche von 1 826m2 auf 3 717m2 zu steigern.
Effiziente Ausnutzung durch zielgerechtete Überlegungen
Um den individuellen Wohnansprüchen gerecht zu werden, wurde jeder Wohnungstyp kompakt geplant und somit einen ausgewogenen Mix von 1.5- bis 5.5- Zimmer-Wohnungen erstellt. Es ist ein Fakt, dass über die letzten Jahrzehnte die Wohnfläche pro Kopf immer weiter angestiegen ist. Die Bevölkerung ist heute durchschnittlich kaufkräftiger und möchte dadurch auch mehr individuellen Wohnraum. Dieser Trend setzt sich immer noch fort, steht aber im Gegensatz dazu, was angestrebt werden sollte. Eine Verdichtung. Das Ziel war es, effizientere und kompaktere Wohnflächen zu schaffen, in denen sich die Ideen des Gesetzes aus 2013 widerspiegeln.
Zudem befand sich die Liegenschaft auch energetisch in sehr unzeitgemässem Zustand. Es wurde mit Öl geheizt und eine Dämmung war nicht vorhanden. Der Ersatzneubau setzt auf erneuerbare Energien und verfügt über eine Wärmepumpe und alle Dachflächen sind mit Photovoltaikanlagen bestückt. Diesem Nachhaltigkeitsbestreben wollten die Asset Manager auch im Bereich der Mobilität gerecht werden. Aufgrund der Parkplatzverordnung der Stadt Zürich bestand ein Anrecht auf rund 40 Parkplätze. Im Sinne des Nachhaltigkeitsbestrebens und aufgrund der unmittelbaren Nähe zu zwei Bushalte-stellen wurde jedoch entschieden, das Angebot auf 25 zu reduzieren.
Dialog schafft Mehrwert
Zu guter Letzt galt es auch, den Aussenflächen die entsprechende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Bei dem genannten Projekt zeigte sich dies in entsprechenden Auflagen der Stadt Zürich bezüglich besonders hoher Anforderungen an die Gestaltung des Aussenraums. Dem wurde mit einem aktiven Dialog mit der Grün Stadt Zürich und dem Amt für Städtebau begegnet, woraus eine deutliche Aufwertung der Umgebungsgestaltung resultierte. Das Resultat ist nicht nur etwas fürs Auge, sondern leistet auch einen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität für die Bewohner und die Nachbarschaft.
Das Zauberwort als Auslöser für ein neues Miteinander
Das limitierte Bauland fordert uns kontinuierlich auf, neue Wege der Optimierung zu finden, ohne dabei auf Wohnqualität zu verzichten. Was bedeutet dies für zukünftiges Bauen? Hellsehen können auch die Experten der Fundamenta Group nicht, doch sie sehen bereits Beispiele in verschiedenen Gemeinden zum Thema «Mindestausnutzung». Mindestausnutzung bedeutet, dass eine Minimumfläche vorgegeben wird, die auf einer Grundstücksfläche bebaut werden muss. Zum Beispiel hat die Gemeinde Unterschächen bestimmt, dass Grundstücke zu mind. ¾ des Maximalmasses ausgenutzt werden müssen. Im Sinne einer haushälterischen Nutzung ist dies ein logischer nächster Schritt, der aber grosses Diskussionspotenzial birgt. Asset Manager sind entscheidende Akteure in der weiteren Entwicklung der Verdichtungsthematik und in enger Zusammenarbeit mit der Gesellschaft und den Immobilienbesitzern kann ein entsprechendes Umdenken stattfinden. Wenn man die Herausforderungen als Chancen für die Entstehung von langfristigen Mehrwerten sieht, gewinnt jeder.